Die Sozialsicherheitsbehörde ist beweispflichtig, was den Zeitpunkt des Versands der Entscheidung angeht.

Wenn eine Sozialsicherheitsbehörde eine Entscheidung trifft, die einen Sozialversicherten negativ beeinflusst, kann dieser einen Einspruch gegen diese Entscheidung einlegen.

Artikel 23 der Charta des Sozialsicherten sieht vor, dass diese Frist nicht weniger als drei Monate ab der Notifizierung (Versandt) dieser Entscheidung betragen darf.  Der Kassationshof urteilte, dass die Sozialversicherungsbehörde den Beweis erbringen muss, wann die Entscheidung notifiziert wurde und somit die Einspruchsfrist zu laufen beginnt (Cass., 18/11/2019, S.190003.F).

Verfassungsgerichtshof: Sanktionierender Beamter muss die Möglichkeit haben einen Strafaufschub oder eine Aussetzung der Strafverkündung zu gewähren.

Der Gemeinderat kann für gewisse Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung kommunale Verwaltungssanktionen anstelle einer strafrechtlichen Verfolgung vorsehen.

Dies gilt beispielsweise bei Falschparken oder -halten oder dem Befahren einer Fußgängerzone.

In solchen Fällen entscheidet ein sanktionierender Beamter über die Folgen des Verstoßes. Bisher ging man davon aus, dass er in diesem Zusammenhang keinen Strafaufschub, bzw. keine Aussetzung der Strafverkündung gewähren durfte.

Diese Auslegung ist laut Verfassungerichtshof (Entscheid Nr. 56/2020 vom 23. April 2020) jedoch diskrimierend, da im Rahmen einer Strafverfolgung ein Strafgericht die Möglichkeit hätte, einen solchen Aufschub oder eine solche Aussetzung zu gewähren.

Die bestehende Gesetzgebung muss daher so ausgelegt werden, dass sie einem sanktionierenden Beamten (und im Einspruchsverfahren dem Polizeigericht) erlaubt, entsprechende vorteilhafte Strafmodalitäten vorzusehen, auch wenn es sich lediglich um eine Verwaltungsstrafe handelt.

Verfassungsgerichtshof kippt Gesetz über steuerfreien Nebenverdienst.

Das Gesetz vom 18. Juli 2018 zur Belebung der Wirtschaft und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts ermöglicht es Arbeitnehmern, Selbstständigen, Beamten oder Rentnern steuer- und sozialleistungsfrei 500 €/Monat (max. 6.000 € pro Jahr) hinzu zu verdienen für Leistungen, die im Rahmen von Vereinigungen erbracht werden, für gelegentliche Leistungen zwischen Bürgern oder Leistungen, die über eine Online-Plattform erbracht werden.

Die Gesetzgebung galt beispielsweise für folgende Aktivitäten: Sporttrainer, Schiedsrichter, Hausmeister von Sport- oder Kultureinrichtungen, Museumsführer, …

Eine Reihe von Berufsverbänden und Gewerkschaften hatten vor dem Verfassungsgerichtshof gegen dieses Gesetz geklagt.

Dieser ist nun (Entscheid Nr. 53/2020 vom 23. April 2020) zu dem Schluss gekommen, dass dieses Gesetz nicht mit dem Gleichheitsprinzip vereinbar ist, da die Personen, die von diesem System profitieren können, im Vergleich zu den „festen Arbeitnehmern“ einer Vereinigung oder Selbständigen, die vergleichbare Leistungen erbringen und deren Entlohnung vollständig steuerpflichtig ist steuerlich bevorteilt werden, andererseits jedoch nicht denselben sozialrechtlichen Schutz wie ein fester Arbeitnehmer haben und in diesem Punkt benachteiligt werden. Es gebe jedoch keine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlungen.

Das Gesetz wurde folglich für nichtig erklärt, findet jedoch noch bis zum 31. Dezember 2020 Anwendung, um keine rechtliche Unsicherheit für die betroffenen Personen und Vereinigungen zu schaffen. Das bedeutet, dass das bestehende System bis Ende des Jahres weiterhin angewandt werden darf, ab 2021 jedoch nicht mehr.

COVID-19: Vorübergehende Anpassung der Prozedur beim Staatsrat (Aufschiebung von Fristen und schriftliches Verfahren).

Im Rahmen der Coronamaßnahmen wurde die Funktionsweise der Gerichte vorübergehend angepasst. Durch den Sonderbefugniserlass Nr. 12 vom 21. April 2020 wurde auch die Prozedur der Verwaltungsstreitsachenabteilung des Staatsrates angepasst.

Alle Fristen für die Einleitung eines Verfahrens (insbesondere Nichtigkeitsklagen) vor dem Staatsrat sowie alle Fristen, die im Rahmen der Bearbeitung einer Klage durch den Staatsrat (Hinterlegung von Schriftsätzen, …) einzuhalten sind, die zwischen dem 9. April und 3. Mai 2020 ausliefen, wurden automatisch bis zum 2. Juni 2020 verlängert.

Logischerweise gilt diese Fristverlängerung nicht für Eilverfahren (Aussetzungsklagen in äußerster Dringlichkeit). Solche Anträge werden weiterhin bearbeitet, können jedoch vorläufig ohne öffentliche Sitzung durch den Staatsrat in Beratung genommen werden, vorausgesetzt alle Parteien sowie der Auditor konnten schriftlich ihre Anmerkungen vorbringen. Eine Anhörung via Videokonferenz ist jedoch ebenfalls möglich.

Auch die „gewöhnlichen“ Verfahren vor dem Staatsrat (Nichtigkeitsklagen, Anträge auf Entschädigung) können, mittels Einverständnis aller Parteien, ohne öffentliche Sitzung durch den Staatsrat bearbeitet werden.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Fristen zwecks Einreichung und Bearbeitung von Klagen (mit Ausnahme der Klagen in äußerster Dringlichkeit) beim Staatsrat teilweise vorläufig verlängert wurden und vorläufig ein schriftliches Verfahren (ohne öffentliche Sitzung) Anwendung findet.

Wenn Sie sich die Frage stellen, ob Sie von dieser Fristverlängerung profitieren können, können Sie Kontakt mit unserer Kanzlei aufnehmen.

 

COVID-19: Asylbewerber dürfen bis zum 30. Juni 2020 in den kritischen Sektoren arbeiten, auch wenn ihr Asylantrag vor weniger als vier Monaten eingereicht wurde.

Ausländer, die über eine Eintragungsbescheinigung – Muster A (sog. „orange Karte“) verfügen, da sie in Belgien einen Asylantrag eingereicht haben, dürfen im Prinzip erst dann in Belgien arbeiten, wenn sie innerhalb der ersten vier Monate ab Einreichung ihres Asylantrages keine negative Entscheidung des Generalkommissariats für Flüchtlinge und Staatenlose erhalten haben.

Durch den Sonderbefugniserlass Nr. 14 vom 27. April 2020 wurde diese Wartezeit aufgehoben: Asylantragsteller müssen somit nicht mehr vier Monate abwarten, um in Belgien arbeiten zu dürfen, vorausgesetzt sie haben ihren Asylantrag vor dem 18. März 2020 eingereicht und der Arbeitgeber garantiert für den Empfang des Asylantragstellers.

Zu den kritischen Sektoren gehören beispielsweise der Lebensmittelsektor und die Landwirtschaft.

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