Haftbefehl ohne Erwähnung des Tatorts und Tatzeitpunkts ist nicht notwendigerweise illegal.

Insofern keine gesetzliche Bestimmung etwas anderes vorsieht, ist ein Haftbefehl nicht dadurch illegal, dass der Tatort und der Tatzeitpunkt darin nicht enthalten sind.

Es gilt zu prüfen, ob der Inhaftierte seine Verteidigungsrechte hat geltend machen können.  Demnach, wenn aus der Akte hervorgeht, die dem Inhaftierten zur Verfügung gestellt worden ist, dass er durch deren Konsultation präzise genug über den Tatzeitpunkt und den Tatort der Straftat, die ihm vorgeworfen wird, informiert wurde, um sich zu verteidigen, ist der Haftbefehl, der weder den Tatzeitpunkt noch den Tatort enthält, nicht illegal (Kass., P.19.1269.F).

Kassationshof : Überwachsende Äste – ein Beibehaltungsrecht (Servitude oder Gerechtsame) kann nicht ersessen werden.

Das Gericht Erster Instanz von Nivelles entschied, dass der Eigentümer eines Grundstücks, von seinem Nachbarn nicht verlangen dürfe, dass dieser die Äste, die zu ihm herübergewachsen sind, wegschneidet, weil diese Situation schon mehr als 30 Jahre angedauert hat, sodass der Nachbar ein Recht ersessen hat, dass seine Äste über die Grenze zum Nachbarn wachsen dürfen.

Der Kassationshof hat diese Entscheidung annulliert, indem er darauf hinwies, dass Artikel 37, Absatz 4 des Landwirtschaftsgesetzbuches vorsieht, dass das Recht herüberwachsende Äste nicht zurückzuschneiden nicht ersessen werden kann (Kass., 3/01/2020, C.19.0171.F).

Bevorrechtigte Zuteilung einer Immobilie im Rahmen einer Erbschaft: Das Zusammenwohnen mit dem Verstorbenen gibt kein Vorrecht.

Aufgrund des Gesetzes vom 16. Mai 1900 bezüglich der Regelung der kleinen Erbschaften können verschiedene Erben in direkter Linie bevorrechtigt die Immobilie des Erblassers erhalten, insofern sie den Schätzpreis bezahlen.

Der Appellationshof Lüttich hat entschieden, dass, wenn mehrere Erben sich darum streiten, die Immobilie zu erhalten, derjenige, der mit dem Verstorbenen zusammengewohnt hat, zu bevorzugen ist.  Der Kassationshof hat diese Entscheidung gekippt.  Das Zusammenwohnen mit dem Verstorbenen kann kein Vorrecht im Sinne des Gesetzes vom 16. Mai 1900 bezüglich der kleinen Erbschaften begründen (Kass., 3/01/2020, C. 18.0477.F).

Keine Gnadenfristen im Falle des Einbehaltens der Sozialleistungen

Wenn eine Person zu Unrecht Sozialleistungen empfangen hat, müssen diese grundsätzlich von der Sozialleistungsbehörde zurückgefordert werden.  Das Gesetz sieht vor, dass die Sozialleistungsbehörde, um die zu Unrecht gezahlten Beträge zurückzuerhalten, 10% von den weiteren Zahlungen abhalten kann und, wenn der Sozialversicherte von dieser Behörde kein Geld mehr bekommt, kann sie sich an ihren Nachfolger wenden und diesen auffordern, die 10% einzubehalten.

Im Verpflichtungsrecht gibt es eine Bestimmung (Artikel 1244 ZGB), die es dem Schuldner erlaubt, das Gericht zu bitten, Zahlungsfristen vorzusehen.  Nun stellt er sich die Frage, ob ein Gericht Zahlungsfristen gewähren darf, die dazu führen, dass die Person, die zu Unrecht Sozialleistungen erhalten hat und diese zurückzahlen muss, weniger als 10% pro Monat abgehalten bekommt.  Der Kassationshof hat geurteilt, dass dies nicht der Fall ist.  Die Sozialleistungsbehörde muss die 10% abziehen können und die Gerichtsbarkeit darf keine großzügigeren Fristen einräumen (Kass., 16/12/2019, S. 19.0046.F).

Soziale Sicherheit: Betrügerischer Anschluss ist unabhängig vom Verhalten des Arbeiters.

Wenn eine Person für eine Andere arbeitet, kann dies, ungeachtet einiger anderer Möglichkeiten, eigentlich nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder im Rahmen eines selbstständigen Verhältnisses sein.  Zu Beginn der Zusammenarbeit müssen die Parteien die Natur der Zusammenarbeit definieren.

Wenn Sie davon ausgehen, dass ein vertragliches Arbeitsverhältnis besteht, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer beim Landesamt für soziale Sicherheit anmelden.  Wenn die Parteien davon ausgehen, dass es sich um ein Selbstständigenverhältnis handelt, dann muss der Selbstständige sich der sozialen Sicherheit für Selbstständige unterwerfen.

Es kommt schon mal vor, dass Personen, die eigentlich kein wirkliches Arbeitsverhältnis haben, sich bewusst der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer unterwerfen, weil aus diesem System gewisse Vorteile entstehen, die Selbstständige nicht haben.

Wenn ein Arbeiter betrügerisch der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer angeschlossen worden ist, kann das Landesamt für soziale Sicherheit 7 Jahre zurückgehen, um diesen betrügerischen Anschluss rückgängig zu machen.  Die Frage, die der Arbeitsgerichtshof Brüssel zu bewerten hatte, war, ob es dabei eine Rolle spielt, ob der Arbeiter an dem Betrug beteiligt war oder nicht.  Der Arbeitsgerichtshof Brüssel war der Ansicht, dass, insofern der Betrug nur beim Arbeitgeber vorlag und nicht beim Arbeiter, das Landesamt für soziale Sicherheit den Rauswurf aus der Sozialsicherheit nicht wegen einem ursprünglich betrügerischen Anschluss aussprechen durfte.

Der Kassationshof hat diese Entscheidung annulliert.  Die einzige Frage, die bewertet werden muss, ist, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer betrügerisch bei der sozialen Sicherheit angemeldet hat und wenn dies der Fall ist, kann das Landesamt für soziale Sicherheit 7 Jahre zurückgehen, um den Anschluss rückgängig zu machen (Kass., 16/12/2019, S. 18.0068).

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