Der Verfassungsgerichtshof stärkt die Rechte gewisser Teilzeitarbeiter, die einen Arbeitsunfall erlitten haben.

Ein Arbeiter, der Opfer eines Arbeitsunfalls wird, hat, wenn der Arbeitsunfall eine zeitweilige und/oder permanente Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat, Anrecht auf eine Entschädigung.

Diese Entschädigung basiert auf den Grundlohn, der im Wesentlichen von dem Lohn abhängt, den der Arbeiter im Jahr vor dem Arbeitsunfall verdient hat.

Wenn der Arbeiter nur ein Teilzeitarbeitsverhältnis abgeschlossen hat, wird der Lohn berücksichtigt, der im Rahmen dieses Teilzeitarbeitsverhältnisses ausgezahlt wird.

Wenn ein Arbeiter jedoch mehrere Teilzeitarbeitsverhältnisse abgeschlossen hat, muss der Lohn der kumulierten Teilzeitarbeitsverhältnisse berücksichtigt werden.

Wenn ein Arbeiter jedoch ein Teilzeitarbeitsverhältnis abgeschlossen hat und einen Volltagarbeitsvertrag und der Arbeitsunfall während der Ausübung des Teilzeitarbeitsverhältnisses geschehen ist, erlaubte die Gesetzgebung keine Kumulierung der Löhne.

Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass diese Situation verfassungswidrig sei.

In diesem Fall muss nun der Teilzeitarbeiter seine Entschädigung auf Basis des Lohnes ausbezahlt bekommen, den er für seine Teilzeitarbeit erhält, der jedoch hypothetisch auf einen Ganztagslohn aufgestockt wird. Vereinfacht ausgedrückt wird man errechnen, wieviel dieser Teilzeitarbeiter verdient hätte, wenn er Ganztagsarbeiter gewesen wäre (VGH, Nr.° 155/2019, 24/10/2019).

Verfassungsgerichtshof weist Klagen gegen die neue Mietgesetzgebung ab.

Am 15. März 2018 verabschiedete die Wallonische Region ein Dekret über den Wohnmietvertrag.

Im Rahmen der Zuständigkeitsübertragungen, die stattgefunden haben, ist die Deutschsprachige Gemeinschaft nun für diese Gesetzgebung zuständig.

Insofern die Deutschsprachige Gemeinschaft die Fragen, die vor dem Verfassungsgerichtshof geklärt wurden, noch nicht verändert hat, gilt die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch für die Mietverträge in der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Die klagenden Parteien warfen die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung auf, die es dem Vermieter erlaubt verschiedene Informationen vom Mieter zu verlangen.

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Der Schadensersatz für das Opfer darf nicht von hypothetischen Veränderungen, die in der Zukunft nach dem Unfall stattfinden abhängen.

Das Opfer eines Verkehrsunfalls unterzog sich einer gerichtlichen Expertise. Der Gerichtsexperte konsolidierte den Fall am 01/10/2010 mit einer definitiven persönlichen Unfähigkeit in Höhe von 15%. Im Rahmen des Berichts dachte der Experte an, dass irgendwann eine Prothese in die Hüfte eingebaut werden könnte, woraufhin der Entscheid feststellte, dass der Schaden sich in der Zukunft gegebenenfalls noch verändert könnte und dass die Anbringung einer Prothese einen Einfluss auf den Schaden haben könnte, sodass die Dauerschäden zum jetzigen Zeitpunkt nicht statisch und konstant seien.

Aus diesem Grund verweigerte der Appellationshof Lüttich dem Opfer die Kapitalisierung seines Schadens.

Der Kassationshof entschied, dass das Gericht nur dann eine Pauschale anwenden kann, wenn es begründet, warum die Entschädigungsmethode, die vom Opfer vorgeschlagen wird, nicht angenommen werden kann und wenn er feststellt, dass es eine Unmöglichkeit gibt den Schaden anders als durch eine Pauschale festzulegen.

Diese Gründe müssen rechtmäßig sein.

In diesem Fall, in dem das Opfer die Kapitalisierung vorgeschlagen hat, hat das Gericht diese abgewiesen und den dauerhaften persönlichen Unfähigkeitsschaden durch eine Pauschale entschädigt, weil der Schaden in Zukunft noch variieren könnte. Die Entscheidung wurde vom Kassationshof kassiert, insofern das Gericht sicher sein muss, dass der Schaden fluktuiert, um die Kapitalisierungsmethode auszuschließen. Hypothetische Fluktuationen reichen nicht aus (Kass., 28/02/2020, C. 19.0358.f, siehe auch Kass., 19/02/2020, P. 19.109.f für ein Beispiel eines rechtmäßigen Ausschlusses einer Kapitalisierung).

Eine Verschlimmerung der Strafe nach alleinigem Einspruch des Beschuldigten ist nicht möglich! Jedoch, wann redet man von einer Verschlimmerung der Strafe?

Der Kassationshof war mit einer Angelegenheit befasst, im Rahmen welcher ein Beschuldigter, durch ein Versäumnisurteil zu 6 Jahren Haft und einem Einzug von 57.842,00 € verurteilt wurde.

Gegen dieses Versäumnisurteil legte der Beschuldigte Einspruch ein. Die Staatsanwaltschaft hat keine Berufung eingelegt. Nach dem Einspruch, reduzierte der Appellationshof die Gefängnisstrafe auf 65 Monate, erhöhte die Einzugsstrafe jedoch auf 442.283,00 €.

Der Kassationshof urteilte, dass diese Erhöhung rechtens war.

Er bestätigte, dass, insofern die Staatsanwaltschaft keine Berufung gegen das Versäumnisurteil eingelegt hatte, die Strafe gegenüber dem Beschuldigten, der Einspruch eingelegt hat und danach gegen das Einspruchsurteil Berufung einlegte, nicht verschlimmert werden kann, auch wenn die Staatsanwaltschaft ebenfalls gegen dieses Einspruchsurteil Berufung eingelegt hat.

Der Kassationshof entschied jedoch, dass, um die Schwere der Strafe zu beurteilen, man zunächst die Gefängnisstrafen vergleichen muss und, wenn die Gefängnisstrafe milder ist, ist das Urteil automatisch milder, egal was mit den anderen Strafen geschieht (Kass., 19/02/2020, P. 19.1247.f).

Ein Haftbefehl ist illegal, wenn der Untersuchungsrichter den Beschuldigten im Rahmen einer falschen Qualifizierung der Fakten vernimmt.

In der Regel muss ein Beschuldigter, bevor ein Haftbefehl durch den Untersuchungsrichter erlassen wird, bezüglich der Taten, die die Grundlage der Beschuldigungen sind und die zum Erlassen eines Haftbefehls führen können, in seinen Bemerkungen angehört werden.

Diese Befragung stellt ein Attribut der Verteidigungsrechte und der individuellen Freiheit eines Jeden dar. Sie dient dazu, dass der Beschuldigte den Untersuchungsrichter seine Bemerkungen bezüglich der Beschuldigung, die gegen ihm vorgebracht wird, unterbreiten kann.

Daher darf der Untersuchungsrichter nicht die Qualifizierung der Taten, die dem Beschuldigten vorgeworfen werden, ändern, ohne ihn erneut zu vernehmen.

In einer Angelegenheit, die unlängst beurteilt wurde, hatte ein Untersuchungsrichter einen Beschuldigten wegen unterlassener Hilfeleistung vernommen und dann Haftbefehl erlassen. Im Nachhinein wurde die Qualifizierung auf dem Haftbefehl in Todschlag geändert. Der Beschuldigte ist bezüglich der Qualifizierung des Todschlags nicht vernommen worden.

Der Kassationshof kassierte die Entscheidung der Anklagekammer, die diesen Haftbefehl für rechtmäßig erklärte (Kass., 4/03/2020, P. 20.0225.f).

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