Der Kassationshof fällt ein Grundsatzurteil bezüglich der Prozessfähigkeit von Menschen mit geistiger Behinderung:

Eine Person war in einen Rechtsstreit mit dem belgischen Staat verwickelt. In erster Instanz erhielt diese Person ein Urteil, das ihr teilweise recht gab. Der belgische Staat legte Berufung ein und diese Person legte eine Anschlussberufung ein. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hatte diese Person einen schweren Unfall, der anscheinend zur Folge hatte, dass auch ihre geistigen Fähigkeiten beeinträchtigt waren. Der belgische Staat warf auf, dass diese Person, weil aus den Unterlagen hervorging, dass sie geistig behindert war, keine Anschlussberufung hätte einlegen dürfen. Laut dem belgischen Staat hätte ein Betreuer bezeichnet werden müssen, der diesen Schritt für diese Person in die Wege geleitet. Das Berufungsgericht folgte der These des belgischen Staates. Der Kassationshof hat dieses Urteil aufgehoben und entschied, dass, solange keine gesetzlich vorgesehene Betreuungsmaßnahme ausgesprochen wurde, man davon ausgehen muss, dass die handelnde Person voll prozessfähig ist, was bedeutet, dass ihre Prozesshandlungen als legal angesehen werden müssen, auch wenn es Unterlagen gibt, die das Gegenteil vermuten lassen. (Kass., 18. Oktober 2018, C. 17.0297.F).

Familienzusammenführung als Ehepartner : Auflösung der Ehe wegen häuslicher Gewalt

In den ersten fünf Jahren, nachdem ein Drittstaatbürger (=Ausländer, der nicht EU-Bürger ist) über eine Familienzusammenführung als Ehepartner einen Aufenthalt erhalten hat, kann das Ausländeramt überprüfen, ob die Bedingungen für die Familienzusammenführung weiterhin erfüllt sind und im Falle einer Auflösung der Ehe den Aufenthalt entziehen.

Das Aufenthaltsrecht darf jedoch nicht entzogen werden, wenn der Drittstaatangehörige nachweist, dass er Opfer häuslicher Gewalt gewesen ist.

Während der Ausländer, der mit einem sesshaftem Belgier (= Belgier, der weder im EU-Ausland gearbeitet noch gelebt hat) verheiratet war, nachweisen muss, dass er über eine Arbeit oder ausreichende Einkünfte verfügt, um ohne Sozialhilfe klarzukommen und krankenversichert ist, damit ihm der Aufenthalt nicht entzogen wird, gilt diese Bedingung nicht, wenn der Ausländer, der nicht EU-Bürger ist, zuvor mit einem anderen Drittstaatangehörigen verheiratet war.

In seinem Entscheid Nr. 17/2019 vom 7. Februar 2019 hat der Verfassungsgerichtshof diese Situation für diskriminierend erklärt.

Vaterschaftsanerkennungen: Lockerung bezüglich der vorzulegenden Dokumente

Um „missbräuchlichen“ Vaterschaftsanerkennungen vorzubeugen, d.h. Vaterschaftsanerkennungen, deren alleiniger Zweck die Erlangung eines Aufenthaltsrechts für einen der Beteiligten ist, hatte der Gesetzgeber ab dem 1. April 2018 eine Liste von Dokumenten vorgesehen, die im Rahmen einer Vaterschaftsanerkennung, d.h. zur Bestimmung der Abstammung väterlicherseits außerhalb der Ehe, zu hinterlegen waren.

Aufgrund der Probleme, die im Zusammenhang mit dieser Anforderung entstanden sind, hat der Gesetzgeber die Anforderungen nun gelockert.

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Inkrafttreten des einheitlichen Antragsverfahren für eine kombinierte Erlaubnis zum Aufenthalt und zur Arbeit in Belgien

Um als Ausländer in Belgien einer Arbeit nachgehen zu dürfen, bedarf es eines Aufenthaltsrechts und einer Arbeitserlaubnis (oder einer Freistellung von dieser Verpflichtung).

Drittstaatsangehörige, d.h. Personen, die weder Belgier noch EU-Bürger sind, mussten bisher, um aufgrund der Arbeit in Belgien einen Aufenthalt von mehr als 90 Tagen zu erhalten, zwei Antragsstellen anlaufen (das Ausländeramt für die Aufenthaltsgenehmigung und, über ihren Arbeitgeber, die Wallonische Region, die Flämische Region, die Region Brüssel-Hauptstadt oder die Deutschsprachige Gemeinschaft für die Arbeitserlaubnis).

Seit dem 1. Januar 2019 gibt es ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer kombinierten Erlaubnis, um als Drittstaatsangehöriger in Belgien zum Zweck einer Arbeit einen Aufenthalt zu erhalten. 

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Verfassungsgerichtshof: Die Tatsache, dass das Gesetz keine Möglichkeit vorsieht, ein angeordnetes Zwangsgeld zu erhöhen, verstößt gegen das Gleichheits-und Nicht-Diskriminierungsgebot:

Der Richter kann unter gewissen Voraussetzungen und in verschiedenen Rechtsgebieten entscheiden, dass die unterliegende Partei ein Zwangsgeld bezahlten muss, wenn sie das Urteil nicht ausführt.  Das Gesetz sieht vor, dass diese Partei, die zu einem Zwangsgeld verurteilt worden ist, beantragen kann, dass dieses ausgesetzt, beziehungsweise reduziert oder definitiv annulliert wird, wenn eine zeitweilige, beziehungsweise dauerhafte Unmöglichkeit besteht, das Urteil auszuführen.

Das Gesetz sieht jedoch nicht vor, dass die Partei, die ein Zwangsgeld beantragt hat, dessen Erhöhung beantragen kann, wenn die verurteilte Partei trotz der Verurteilung zu einem Zwangsgeld das Urteil nicht ausführt.  Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass diese Gesetzeslücke verfassungswidrig ist, sodass die Gerichte ab sofort Zwangsgelderhöhungen aussprechen dürfen (V.G.H., 17/05/2018, Staatsblatt, 4/09/2018).

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