Kassationshof präzisiert den legitimen Entschuldigungsgrund.

Wenn eine Partei beim Prozess abwesend war und gegen sie ein Versäumnisurteil ergangen ist, kann sie gegebenenfalls Einspruch gegen das Urteil einlegen. Dieser Einspruch kann jedoch nur angenommen werden, wenn der Abwesende die ursprüngliche Vorladung nicht zur Kenntnis genommen hat. Ist dies nicht der Fall, muss der Abwesende eine vernünftige Entschuldigung für seine Abwesenheit geltend machen. Der Kassationshof entschied nun, dass ein vernünftiger Entschuldigungsgrund immer dann vorliegt, wenn der Abwesenheitsgrund nicht darauf schließen lässt, dass der Abwesende auf sein Recht vor Gericht zu erscheinen und sich zu verteidigen verzichten wollte, oder sich nicht der Justiz entziehen wollte (Kass., 9/05/2018, P. 17.114.F).

Entscheidungs- und Mitteilungsfristen bei Anträgen auf Familienzusammenführung mit einem Unionsbürger

Aus der belgischen Gesetzgebung ergibt sich, dass das Ausländeramt sechs Monate hat, um einen Antrag auf Familienzusammenführung mit einem EU-Bürger zu bearbeiten.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Entscheid vom 27. Juni 2018 (C-246/17) klargestellt, dass das Ausländeramt innerhalb dieser Sechsmonatsfrist nicht nur über den Antrag auf Familienzusammenführung  entscheiden, sondern diese Entscheidung auch bekannt geben muss (Notifizierung).

Bislang ist in der belgischen Gesetzgebung vorgesehen, dass die Überschreitung der Sechsmonatsfrist zur Folge hat, dass dem Antragsteller automatisch eine Aufenthaltskarte (F-Karte) ausgestellt wird. Dies ist für den Europäischen Gerichtshof jedoch unionsrechtswidrig, da somit Personen eine Aufenthaltskarte ausgestellt werden könnte, die gar nicht die Aufenthaltsbedingungen erfüllen. Eine Aufenthaltskarte dürfe auch im Falle einer Überschreitung des Sechsmonatsfrist nur dann ausgestellt werden, wenn zuvor geprüft wurde, ob die Aufenthaltsbedingungen tatsächlich erfüllt sind. Mit andren Worten hätte die Überschreitung der Sechsmonatsfrist keine konkrete Folge. Der belgische Gesetzgeber hätte laut EuGH jedoch die Möglichkeit vorzusehen, dass die Überschreitung der Sechsmonatsfrist eine Ablehnung des Antrags bedeutet.

Eine weitere Frage, welche der Europäische Gerichtshof beantwortet hat, ist, ob das Ausländeramt, wenn dessen Ablehnungsentscheidung durch ein Gericht aufgehoben wird, wieder über eine volle Sechsmonatsfrist verfügt, um eine neue Entscheidung bezüglich des Antrags auf Familienzusammenführung zu treffen. Der EuGH ist der Ansicht, dass eine neue Sechsmonatsfrist ab Urteil, welches die Ablehnung für nichtig erklärt, das Recht des Familienmitglieds des Unionsbürgers verletzen würde in kürzester Zeit eine Aufenthaltskarte zu erhalten. Die neue Entscheidung müsse daher innerhalb einer „angemessenen Frist“ ab Urteil getroffen werden, wobei diese auf jeden Fall kürzer als sechs Monate sein müsse.

Belgier werden: Nachweis des legalen Aufenthalts

Wer über eine Staatsbürgerschaftserklärung bei der Gemeinde Belgier werden möchte, muss u.a. nachweisen, dass er sich seit mehr als fünf oder zehn Jahren legal in Belgien aufhält.

Ein Königlicher Erlass listet die Aufenthaltstitel auf, welche als Nachweis des legalen Aufenthalts gelten.

Regelmäßig wird die Frage aufgeworfen, ob der legale Aufenthalt auch anders als mittels der aufgelisteten Aufenthaltstitel nachgewiesen werden kann.

Die herrschende Rechtsprechung und -lehre bejaht diese Frage.[1]

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Verfassungsgerichtshof schränkt Ausmaß der Rückforderungen von Laufbahnunterbrechungszulagen ein

Wer seine Laufbahn vollständig unterbricht, kann, unter gewissen Bedingungen, Zulagen von Seiten des Landesamtes für Arbeitsbeschaffung erhalten (LfA/ONEm).

Wenn diese Person während ihrer Laufbahnunterbrechung einer Arbeit (z.B. als Selbstständiger) nachgeht, ohne vorher die entsprechende Erlaubnis beantragt zu haben, kann das LfA die Laufbahnunterbrechungszulagen zurückfordern.

Während die Arbeitslosengesetzgebung vorsieht, dass eine Person, die unrechtmäßig Arbeitslosengeld bezogen hat, beantragen kann, dass das Ausmaß der Rückforderung beschränkt wird, enthält die Gesetzgebung in Bezug auf die Laufbahnunterbrechungszulagen keine entsprechenden Möglichkeiten.

Der Verfassungsgerichtshof hat nun geurteilt, dass diese Situation diskriminierend ist. [1]

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Verlängerung von Geschäftsmietverträgen: Der Kassationshof bestätigt, dass der durch das Gesetz vorgesehene Formalismus strikt einzuhalten ist.

Wenn ein Mieter einen auslaufenden Geschäftsmietvertrag verlängern möchte, muss er die entsprechende Anfrage zwischen dem 18. und 15. Monat vor Ablauf des Vertrags, per Einschreiben oder per Gerichtsvollzieher an den Vermieter schicken. Diese Anfrage muss unter anderem den Vermieter darüber informieren, dass, wenn er innerhalb einer Frist von drei Monaten nicht auf die gleiche Weise antwortet, der Mietvertrag als verlängert gilt. Der Kassationshof urteilte, dass es nicht reicht, wenn der Mieter dem Vermieter mitteilt, dass er „auf die gleiche Weise „antworten muss, er hat die Verpflichtung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Antwort per Einschreiben oder per Gerichtsvollzieher erfolgen muss (Kass., 16/02/2018, C.17.0254.F).

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