Die Rücknahme der Ausführung eines Haftbefehls mittels Fußfesseln (elektronische Überwachung) bedarf keiner vorherigen Anhörung durch den Untersuchungsrichter.

Wenn der Untersuchungsrichter einen Haftbefehl erlässt, kann er entscheiden, dass dieser durch elektronische Überwachung durchgeführt wird (Fußfessel). In diesem Fall darf der Beschuldigte, in der Regel, seine Wohnung nicht verlassen.

Der Untersuchungsrichter kann diese Maßnahme zurücknehmen, was dazu führt, dass das Opfer des Haftbefehls ins Gefängnis muss.

Der Kassationshof hat entschieden, dass der Untersuchungsrichter diese Person nicht anhören muss, bevor er die Rücknahme der elektronischen Überwachung anordnet (Kass., 28/12/22, P.22.1702.F).

Änderung des Kindesunterhalts nach einer einvernehmlichen Scheidung? Rückwirkend?

Wenn zwei Ehepartner sich auf beiderseitigem Einverständnis scheiden lassen möchten, müssen Sie eine Reihe von Dingen vertraglich regeln, wozu der Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder zählt.

Der Kassationshof hat entschieden, dass dieser Vertrag zwischen den Ehepartnern, bezüglich des Kindesunterhalts, abänderbar ist, wenn es neue Elemente gibt, die diese Abänderung rechtfertigen. Der Richter muss jedoch feststellen, welches die veränderte Situation ist, die eine Abänderung des Kindesunterhalts rechtfertigt.

 Wenn solche Umstände vorliegen, dann kann die Abänderung des Kindesunterhalts rückwirkend ab dem Tag geschehen, an dem diese Änderung eingetreten ist, auch wenn der Antrag auf Änderung des Kindesunterhalts erst später gestellt wurde. (Kass., 19/12/2022, C.200530.N).

Die Delegation von Aufgaben schützt den Arbeitgeber nicht vor der strafrechtlichen Verantwortung :

Das Gesetz über das Wohlbefinden am Arbeitsplatz und der entsprechende Kodex richten verschiedene Verpflichtungen ein, die ein Arbeitgeber zu erfüllen hat, damit es am Arbeitsplatz sicher ist. Die Nichterfüllung dieser Pflichten wird strafrechtlich geahndet.

 Im Rahmen eines Rechtsstreits hat ein Arbeitgeber sich verteidigt, in dem er aufgeworfen hat, dass die Aufgaben, die nicht erfüllt wurden, durch einen Arbeitnehmer zu erfüllen waren, den er speziell dafür eingestellt hat.

 Der Kassationshof entschied, dass auch unter diesen Umständen der Arbeitgeber strafrechtlich für das Vergehen haftbar bleibt (Kass., 2/05/2023, P.22.1762.N).

Feuer im Mietobjekt: Fehlende Feuermelder VERSUS, brennende Zigarette

 

In einem Mietobjekt ist der Mieter auf dem Sofa mit der Zigarette in der Hand eingeschlafen.

 

Das Mietobjekt fängt Feuer und der Mieter wird schwer verletzt.

 

Der vermietende Eigentümer war der Ansicht, dass die Verantwortung für das Feuer dem Mieter überlassen werden muss, weil er nicht beweisen konnte, dass das Feuer ohne seinen Fehler zustande gekommen ist.

 

Der Mieter stellte jedoch Ansprüche gegen den Vermieter, weil dieser keine Rauchmelder in der Wohnung angebracht hat.

 

Das Gericht entschied, dass sowohl der Vermieter als auch der Mieter einen Fehler begangen haben, dass jedoch, aufgrund der Schwere der Fehler ¼ des Schadens durch den Vermieter zu decken ist (fehlende Rauchmelder) und ¾ des Schadens durch den Mieter (brennende Zigarette / eingeschlafen).

 

Der Kassationshof hat dieses Urteil annulliert. 

 

Der Richter durfte zwar sowohl den Eigentümer als auch den Mieter für den Schaden haftbar machen.  Er durfte das Ausmaß des Schadens jedoch nicht von der Schwere des Fehlers abhängig machen.  Er musste konkret prüfen, welcher Fehler, ungeachtet, wie schwer er war, in welchem Maße zum Schaden beigetragen hat (Kass., 1/12/2022, C.22.0139.F). 

Das Gemeindekollegium oder der delegierte Beamte haben ein Dritteinspruchsrecht, selbst wenn sie auf das Verfahren, welches zum Urteil geführt hat, dass die Instandsetzungsmaßnahme anordnet, keinen Einfluss genommen haben.

Ein Bürger baut eine Konstruktion, die über die Genehmigung, die er erhalten hat, hinausgeht.

 

Er wird vor dem Zivilgericht verfolgt und das Gemeindekollegium verlangt 20.000 € als Reparaturmaßnahme.

 

Gesetzlich hätte das Gemeindekollegium die Instandsetzung in den Ursprungszustand, die eben erwähnte Entschädigung, oder verschiedene Baumaßnahmen beantragen können.

 

Das Gericht folgt dem Gemeindekollegium und verurteilt den Eigentümer der illegalen Konstruktion zur Zahlung eines Betrags von 20.000 €.

 

Der delegierte Beamte war damit nicht einverstanden und, da das Gesetz sowohl ihm als auch dem Gemeindekollegium die Möglichkeit gibt, die Reparaturmaßnahmen zu beantragen, hat er Dritteinspruch gegen diese Entscheidung eingelegt.

 

Das Gericht hat diesen Dritteinspruch zulässig erklärt und den Eigentümer zur Zahlung einer Entschädigung von 200.000 € verurteilt.

 

Die Frage, die sich für den Kassationshof stellte ist, ob der delegierte Beamte, nachdem das Gemeindekollegium etwas gefordert hat, noch als Partei angesehen werden kann, die nichts mit dem Ursprungsverfahren zu tun hat und somit Dritteinspruch einlegen darf, oder nicht.

 

Der Kassationshof bestätigte das Urteil des Appellationshof muss. Ein Dritteinspruch war demnach möglich (Kass., 1/04/2022, C.21.0275.F).

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