Wallonische Region verbietet Ausweisungen vom 1. November 2022 bis zum 15. März 2023

Durch ein Dekret vom 22. September 2022, welches am 11. Oktober 2022 in Kraft tritt, verbietet die Wallonische Region die Ausweisungen von Mietern zwischen dem 1. November 2022 und dem 15. März 2023, selbst wenn diese durch eine Gerichtsentscheidung oder eine Verwaltungsentscheidung angeordnet wurde, es sei denn die Grundlage für diese Entscheidung sei die öffentliche Sicherheit gewesen, die Gesundheit der Person, die die Immobilie benutzt oder wenn diese die Immobilie willentlich beschädigt.

Seitdem die Deutschsprachige Gemeinschaft die Kompetenz für den Wohnungsbau übernommen hat, gelten die Entscheidungen der Wallonischen Region nicht mehr auf dem Deutschsprachigen Sprachgebiet.

Der Kassationshof stärkt die Rechte der Prozessparteien, die nicht in der EU wohnen

Verschiedene Parteien, die im Kongo wohnten, verloren einen Prozess vor dem erstinstanzlichen Gericht Brüssel.  Der Gewinner hat irgendwann das Urteil zustellen lassen, damit die Berufungsfrist läuft.

Nach belgischem Recht läuft die Berufungsfrist in der Regel ab dem Tag der Zustellung des Urteils (manchmal Notifizierung).

In Anwendung der Artikel 38, 40 und 57 des Gerichtsgesetzbuches gilt die Zustellung als erfolgt, ab dem Zeitpunkt, an dem der Gerichtsvollzieher den Brief, mit dem er die Zustellung vollzieht, im Postbüro abgibt.

Insofern es unter diesen Voraussetzungen sein kann, dass die Berufungsfrist abgelaufen ist, ohne dass der Zustellungsempfänger die Post erhalten hat, ist der Kassationshof der Ansicht, dass die eben genannten Bestimmungen des Gerichtsgesetzbuches gegen Artikel 6, §1 der Menschenrechtskonvention verstoßen (Kass., 28/01/2021, C.20.0007.F).

Ein Mietverhältnis kann aufgelöst werden, aufgrund des unzivilisierten Verhalten des Mieters den anderen Mietparteien gegenüber

Sowohl das alte Zivilgesetzbuch, als auch das wallonische Dekret bezüglich des Wohnmietvertrags sehen vor, dass der Vermieter nicht für faktische Störungen haftet, die durch Drittpersonen, also auch durch andere Mietparteien, verursacht werden.

Das Gericht 1. Instanz Lüttich, Division Verviers hat trotzdem das Mietverhältnis zwischen einem Vermieter und einem Mieter aufgelöst, weil dieser sich nicht korrekt gegenüber den anderen Mietparteien im Haus benahm. Dieser Mieter machte bis tief in die Nacht Krach, war unhöflich zu den anderen Mietern, beteiligte sich nicht an das gute Funktionieren des Zusammenlebens, usw.

Vor dem Kassationshof wurde die Annullierung dieser Entscheidung beantragt, weil, so der Kläger, das Gericht den Vertrag nicht hätte auflösen dürfen, denn, insofern der Vermieter nicht für die faktischen Störungen des Mieters verantwortlich ist, kann das Gericht auch nicht den Vertrag aufgrund einer vertraglichen Haftung dieses Mieters auflösen.

Diese sah das oberste Gericht anders. Der Mieter hat die Verpflichtung das Mietobjekt wie ein guter Familienvater zu nutzen. Diese Verpflichtung impliziert ein korrektes Verhalten gegenüber den anderen Mietparteien (Kass., 7/01/2021, C.20.0273.F).

In den Fällen, in denen eine Schlichtung verpflichtend ist, ist eine Klage unzulässig, solang die Schlichtung nicht effektiv stattgefunden hat

Es gibt Fälle, wie zum Beispiel im Landpachtrecht (Art. 1345 des Gerichtsgesetzbuches) in denen das Gesetz verlangt, dass eine Schlichtung stattfindet, bevor geklagt wird. Der Kassationshof hat schon geurteilt, dass Klagen, die eingeleitet werden, obwohl die verpflichtende Schlichtung nicht durchgeführt wurde, unzulässig sind. Diese Unrechtmäßigkeit ist auch nicht reparabel, indem man, zum Beispiel die Fortführung des Prozesses solange aussetzt bis man eine Schlichtung unternommen hat, die nach Einleitung der Klage angefragt wurde.

Wie ergeht es jedoch einer Klage, die nach dem Antrag auf Schlichtung eingeleitet wurde, jedoch bevor der Schlichtungstermin stattgefunden hat? Das Gericht 1. Instanz Antwerpen war der Meinung, dass eine solche Klage zulässig ist. Diese Meinung teilte der Kassationshof nicht. Wenn eine Klage eingeleitet wird, bevor der Schlichtungstermin stattgefunden hat ist diese Klage unzulässig (Kass., 12/02/2021, C.20.0095.N).

Verjährungsunterbrechung durch ein Anwaltsschreiben : Die gesetzlichen Bedingungen sind strikt einzuhalten.

In der Regel kann der Anspruch einer Partei verjähren, wenn er nicht innerhalb einer Frist, die durch das Gesetz vorgesehen wird, geltend gemacht wird.  Es gibt jedoch gewisse Unterbrechungs- und Aufhebungsgründe der Verjährung.

So kann zum Beispiel ein Schreiben eines Anwalts an die Gegenpartei die Verjährung des Anspruchs, den sein Mandant geltend machen will, unterbrechen.

Artikel 2244 ZGB sieht jedoch eine Reihe von Bedingungen vor, die erfüllt sein müssen, damit die Verjährungsunterbrechung eintreten kann.

Der Kassationshof urteilte nun, dass diese Bedingungen strikt einzuhalten sind.

In einer Angelegenheit, in der ein Rechtsanwalt das Schreiben per Einschreiben geschickt hat, obwohl das Gesetz vorsieht, dass das Schreiben per Einschreiben mit Rückschein versendet werden muss, hat der Kassationshof entschieden, dass dem Dokument keine verjährungsunterbrechende Wirkung zugesprochen werden kann, obwohl es zwischen den Parteien nicht strittig war, dass der Empfänger den normalen Einschreibebrief erhalten hat (Kass., 15/06/2020, S. 19.0055.N).

 

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